Nerissa Rothhardt – talken, Körper, Stimme und viel mehr

Mit ihren Talk-Abenden möchte sie Hannover ein Geschenk machen. Im echten Leben ist sie studierte Musikerin, war Opernsouffleuse und widmet sich heute den Themen Körper, Ausdruck und Sprache. Ein bunter Blumenstrauß an interessanten Dingen, die Anlass genug waren mit Nerissa Rothhard ein Interview zu führen.  

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Nerissa Rothhardt – Rhetorik und Auftrittstraining ist ihr Beruf, netzwerken & talken sind ihre Leidenschaft – eine vielseitige Frohnatur im Interview.

Nerissa, Dein vielseitiger Lebenslauf liest sich spannend, von einem Musikstudium bis hin zu vielen Jahren Bühnen- und Theatererfahrung und oben drauf zahlreiche zertifizierte Fortbildungen im Bereich der Erwachsenen-Bildung … Ist das, was Du jetzt tust – nämlich Rhetorik und Auftrittstraining – die logische Konsequenz aus Deinem Werdegang?

„Ja, das finde ich durchaus. 25 Jahre Bühnenerfahrung rechtfertigen mein Tun als ,Besserwisserin vom Dienst‘, als Körpersprache-und Kommunikationstrainerin. Allem zugrunde liegt ja das ,Sich-Bewegen auf der Bühne des Lebens‘. Ob im Bewerbungsgespräch, in der PowerPoint-Präsentation, im Vortrag, im Kundengespräch, im Beschwerdemanagement … : Es geht doch immer darum, sich bewusst und zielführend auszudrücken. Das ist doch das Ziel: Das Gegenüber zu erreichen, zu berühren – bei gleichzeitiger klarer Darstellung der Sache.“

Und Du bist davon überzeugt, dass man zielführende Kommunikation trainieren kann? 

„Ja, davon bin ich überzeugt. Die Liebe zum Wort, zum Sport und zur Musik hat mein Leben bestimmt und so sehe ich sowohl musikalische als auch rhetorische Darbietungen unter dem sportlichen, respektive dem athletischen, Aspekt. Man braucht unglaublich viel Kraft und Disziplin beim Üben im Kopf und am Körper. Geistige Kraft, um immer wieder bereit zu sein, von vorne mit der Phrase zu beginnen, einen schlechten, müden Tag zu überwinden und daraus das Beste zu machen – und vor allem die Kraft und Zuversicht, die bestens bekannte Musik immer wieder aufs Neue zu erleben. Nichts anderes machen professionelle Orchestermusiker oder Sänger – sie trainieren Körper und Geist jeden Tag aufs Neue.“

Du warst an mehreren Staatsopern aktiv, was hat Dich am meisten in der Zeit geprägt?

„Besonders die frische Herzlichkeit in Gelsenkirchen und das hohe Niveau an der Stuttgarter Staatsoper sind mir in warmer Erinnerung. Endlich durfte ich Musik erleben und ein Rädchen im Opernbetrieb sein, ohne vorm Kieksen Angst zu haben – was man als Hornistin immer hat (lacht)! Eine Opernsouffleuse darf gerade keine Angst vor dem Reinquatschen haben. Den besten Sängern unserer Zeit hilft man ja nicht durch andächtiges Lauschen, sondern nur mit einem beherzten Einsatz – und das habe ich in meiner Opernzeit gelernt.“

Du hast also eigentlich Horn studiert? 

Style Hannover Nerissa Rothhardt B 300x243 - Nerissa Rothhardt - talken, Körper, Stimme und viel mehr„Ich bin diplomierte Orchestermusikerin und habe den Master für Horn in performance an der Florida State Universitiy angefangen, den ich aber nach einem Jahr abgebrochen habe. Ein akademischer Abschluss genügte mir und erlaubt mir heute, an der Leibniz Universität und anderen Bildungsträgern als Dozentin für Rhetorik, Vortragen und Stimme zu arbeiten – was mir nach acht Jahren immer noch genauso viel Spaß macht wie zu Anfang.“

Was hat Dich in Deiner Opernzeit nachhaltig beeindruckt? 

„Natürlich mein Mann Roland Wagenführer! Die Arbeit mit Jonas Kaufmann, Karine Babajanian, Frank van Aken und Eva-Maria Westbroek und so vielen großartigen Regisseuren haben mich beglückt. Ein Opernbetrieb läuft wie geschmiert und alle Gewerke greifen hoch professionell ineinander. Wenn nicht, sehen es sofort über 1000 Menschen, die viel Geld bezahlt haben, um einen einzigartigen Abend zu erleben. Das verpflichtet jeden zu Höchstleistung – genau das war immer wieder aufs Neue beeindruckend.“

Könntest Du Dir vorstellen, wieder auf der Bühne zu stehen oder ist das Kapitel beendet und wenn ja warum?

„Als Seminarleiterin stehe ich permanent auf der Bühne und liefere ab. Und genau dieses Bewusstsein möchte ich den Teilnehmern oder Privatkunden schaffen: ihnen einerseits eine Bestätigung der eigenen Expertise mitgeben, aber auch die Disziplin vermitteln, die vorhandenen Kompetenzen sattelfest abrufbar zu machen.

Eine Bühne im klassischen Sinne darf ich mit Lesungen füllen, ich moderiere Veranstaltungen oder den ,Nessis-Promi-Talk‘ … die ,Art der Bühnen‘ hat sich also nur geändert, ,Bühne‘ ist es dennoch täglich.“

Was lernst Du aus Deinen Bühnen-Auftritten unter der Kontrolle der Öffentlichkeit? Bist du auch aufgeregt?

„Sich öffentlich machen heißt sich angreifbar machen. Ich habe Angst vor Ablehnung und bösen Worten. Aber soll mich das abhalten? Auf meinem Grabstein wird niemals stehen: ,Hätte ich mich doch getraut.‘“

Auch deshalb veranstaltest Du regelmäßig deinen „Nessis Promi-Talk“ – neuerdings im „anna leine“ – um Dich zu fordern?

„Nein – das ist wohl er eine hintergründige Motivation. Mit dem Promi-Talk möchte ich in gewisser Weise Hannover ein Geschenk machen. In meinem Hannover-Netzwerk habe ich sehr interessante Menschen kennen gelernt, mit diesen einmal öffentlich zu talken – sprich‘ diese auch einmal etwas privater kennen zulernen– das ist meine Idee und mein Geschenk an Hannover.“

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„Nessis Promi-Talk“ – neuerdings im „anna leine“ – findet ca. 4 x im Jahr statt (nächster Termin 23.10.2018)

Du hattest bereits einige Hannoveraner Prominenz zu Gast, wie unseren Bürgermeister, den ffn-Morgenmän Franky oder Della. Wie motivierst Du die Menschen zu dieser Öffentlichkeit?

„Das frage doch lieber meine Gäste (lacht).“

Es kommen zu Dir – zum Privat-Coaching oder in Deine Seminare – auch Leute, die das Rampenlicht nicht so gewohnt sind, die sich eher als „kleines graues Mäuschen“ bezeichnen würden. Machst du aus denen einen „starken Löwen“?

„Graue und weiße Mäuse sind schnell, beobachten sehr gut, schlussfolgern aus dem Verhalten anderer – und das ist gut. Wer dann den starken Löwen zu seinem eigenen Persönlichkeitsmosaik hinzu nehmen möchte, der sollte das einfach mal ausprobieren.“

Und an was arbeitest Du mit Deinen Kunden, um sie zu einem starken Löwen zu machen? 

„Das hängt ganz davon ab, was gewünscht oder situativ gebraucht wird. Menschen sind unterschiedlich, insofern ist das Spektrum groß – von der Körpersprache, Gestik, Mimik, oder dem Stimmtraining bis hin zu Techniken rund um den Umgang mit Spickzetteln, dem Mikrofon, dem Umgang mit Blackouts oder Schwarzer Rhetorik – also Irritationen und Angriffen entgegnen. Andere suchen Unterstützung bei der Ausformulierung oder Dramaturgie einer freien Rede oder Präsentation, die nächsten möchten einfach selbstbewusster auftreten. Es ist eben ein individuelles Paket auf dem Weg zum starken Löwen.“

Unsere Sprache verändert sich stetig, siehst Du das auch so?

„Absolut! Was mir zu dieser Frage aber gleich in den Sinn kommt ist der weise Spruch aus dem Talmud:

,Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Worte.
Achte auf Deine Worte, denn sie werden Handlungen.
Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheit.
Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter.
Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.‘“

Woher kommt dein Name Nerissa, der bestimmt immer wieder zu Fragen führt?

„Mein Vater hat das verbockt. Als passionierter Shakespeareforscher hat er mich und meine Schwester Jessika mit zwei Namen aus dem Kaufmann von Venedig beschenkt, meinen Bruder Christopher nach dem seiner Meinung nach eigentlichen Verfasser aller Werke: Christopher Marlowe, dem William Shakespeare wohl alles Geschriebene geklaut haben soll.

Seit meinem ersten Engagement in Gelsenkirchen haben mich die Bühnenhandwerker Nessi genannt und dabei ist es bis heute geblieben, und deshalb heißt auch mein Hannover Talk ,Nessis Promi Talk‘.“

Und noch eine private Frage: Was machst Du zum Ausgleich, hast Du Hobbys, mit denen Du deine Reserven wiederaufbaust?

„Ich schwimme fünfmal die Woche, denn als Rhetorik-und Stimmtrainerin brauche ich einen starken Rücken und eine gute Fitness – Seminartage oder ein intensives Coaching sind auch für mich als Profi anstrengend.“

Der STYLE von Hannover ist …?

„… ein supercooles Online-Magazin, das die Stadt wirklich liebevoll von allen Seiten beleuchtet und ins richtige Licht setzt. Gut geschrieben, auf den Punkt gebracht und selbst für mich als Netzwerkerin und Hannover-Kennerin gibt es immer wieder was Neues zu entdecken.“

Hannover in drei Worten:

„Grün, kurze Wege, flach.“

Hannover gilt immer als „langweilig“. Würdest du das so unterschreiben?

„Als gebürtige Rheinländerin kenne ich mehr das lockere Gespräch am Tresen. Hannover als Stadt ist gut, aber die Menschen machen es selbst einer Frohnatur wie mir manchmal schwer. Die Hannoveraner könnten sich etwas mehr feiern und freuen – Hannover ist eine liebenswerte Stadt, die nicht langweilig ist. Es gibt viele Macher in Hannover, das sollte man mehr schätzen. Das ist übrigens auch eine Säule meiner Arbeit: die Achtung vor der Leistung des Anderen.“

Letzte Frage: Was ist in Hannover für Dich unverzichtbar?

„Kaffee und Kuchen im Kleefelder Kaffeeklatsch am Kantplatz und im Panea auf der Lister Meile.“

Welche Frage, die du erwartet hättest, wurde nicht gestellt? 🙂

„Was macht ihr Theaterleute eigentlich tagsüber?“

Vielen lieben Dank für das nette Interview! 🙂 

Patricia Kuwaczka

Als gebürtige Hannoveranerin liebe ich es, meine Stadt immer wieder aufs Neue zu entdecken und aus verschiedenen Perspektiven kennen zu lernen. Ich studiere Marketing & Kommunikation – ein Blog wie „STYLE Hannover“ ist für mich die perfekte Plattform, um meine Erfahrungen mit anderen zu teilen, neue Leute zu treffen und täglich etwas Bemerkenswertes über Hannover zu erfahren.

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