Miriam Zabek – eine Hannoveranerin wird zum Herdentier

Theoretisch müssten alle Stoff-Taschen vegan sein. Dies ist leider meistens nicht der Fall und nachhaltig sind die Massenproduktionen auch nicht. Miriam Zabek hatte genug davon und hat deshalb einfach mal kurzerhand ihr eigenes Label „Herdentier“ auf die Beine gestellt. Nachhaltigkeit, Handarbeit und modisches Design stehen hier an erster Stelle. STYLE Hannover konnte mit der Designerin ein aufschlussreiches Interview über ihre Philosophie führen.

Style Hannover Herdentier Miriam Zabek. - Miriam Zabek – eine Hannoveranerin wird zum Herdentier
Miriam Zabek ist die Designerin von HERDENTIER

Wer bist Du und wo kommst Du her?

„Mein Name ist Miriam Zabek und ich bin Gründerin des Labels ,Herdentier‘. Geboren wurde ich in Langenhagen, lebe aber mittlerweile in Hannover.“

Was hast du in der Zeit vor Deinem Label gemacht?

„Ich bin gelernte Kostümbildnerin. Mein Studium habe ich an der Hochschule Hannover absolviert. Mein Beruf hat mich schon an viele verschiedene Spielstätten, beispielsweise nach Hamburg oder Krakau verschlagen, wo ich für ein paar Monate gearbeitet habe und auch eigene Kostümbilder entwerfen durfte.“

Wie kamst du auf die Idee, Dein Label „Herdentier“ zu gründen?

„Konkret war ich damals auf der Suche nach einem veganen, nachhaltig hergestellten Turnbeutel. Allerdings musste ich feststellen, dass die meisten Produkte aus minderwertigen Materialien in Massenfertigung und mit chemischen Prozessen hergestellt waren. So habe ich mich selber an die Nähmaschine gesetzt und mir meinen eigenen Turnbeutel genäht, anfangs noch aus Kunstleder und aussortierten Möbelbezügen.

Schon vor der gegenwärtigen Fridays for Future-Bewegung haben Themenkomplexe wie Nachhaltigkeit, Slow-Fashion, Qualität sowie faire Produktionsbedingungen Einzug in die Modewelt gehalten. Mich persönlich hat die Aufgabe fasziniert, zeitloses Design mit natürlichen Materialien in Einklang zu bringen ohne dabei die Umwelt zu belasten. Das Material Kork, mit dem ich überwiegend arbeite, ist sehr nachhaltig, denn die Korkeiche muss alle neun bis 13 Jahre geschält werden, damit sie ihr Höchstalter von 300 Jahren erreichen kann, sonst stirbt der Baum schon nach 80 Jahren. Die unterschiedlich marmorierten Flächen aus Kork sind nicht nur extrem leicht, edel, weich und flexibel sondern auch robust und reißest.

Das zweite Material, mit dem ich viel und gerne arbeite, ist Pinatex und wird aus den Fasern der Ananasblätter hergestellt. Das Pinatex-Gewebe ist stabil, vielseitig, atmungsaktiv, weich, leicht und flexibel. Auch der soziale Aspekt zur Gewinnung des Materials ist mir wichtig, denn die philippinischen Bauern der Ananas-Farmen profitieren in den ländlichen Regionen vom Verkauf der Fasern. Da Pinatex als Nebenprodukt der Fasergewinnung entsteht, fördert es überdies die soziale, kulturelle und ökologische Entwicklung.

Neben den Aspekten der Nachhaltigkeit gefällt es mir außerdem, meinen Arbeitsalltag kreativ und selbstständig bestreiten zu können und in meinem Atelier an neuen Entwürfen zu feilen, Rucksäcke zu nähen, Farbkonzepte zu erstellen, Stoffe auszuwählen und Vieles mehr.“

Style Hannover Herdentier 2 - Miriam Zabek – eine Hannoveranerin wird zum Herdentier
Taschen, Rucksäcke & Co. gehören zum Label HERDENTIER.

Hast du Dich schon immer für Taschen und Rucksäcke interessiert?

„Die Geschichte der Handtasche, wie wir sie heute kennen, geht bis ins 15. Jahrhundert zurück. In dieser Zeit entstanden so viele der Mode unterworfenen Designs, angefangen von Lederbeuteln über geometrische Formen und Muster des Art Déco oder auch exotischen, prunkvollen und künstlerisch hochwertigen Gestaltungsmustern aus Seide, Samt, Chenille, Leder und allen erdenklichen Materialien. Vor mir lag die Herausforderung, einen zeitlosen Stil zu schaffen, dessen Zielgruppe nicht nur generationsübergreifend ist (beispielsweise ,Herdentierchen‘, meine Erweiterung von Herdentier-Rucksäcken für Kinder), sondern der auch über Generationen hinweg getragen werden kann. Damit möchte ich darauf aufmerksam machen, dass nicht alle paar Jahre oder Monate etwas Neues angeschafft werden muss.“

Wieso der Name „Herdentier“?

„Der Name Herdentier ist damals in meinem Studium entstanden.  Wir waren eine Gruppe von fünf befreundeten Frauen und haben uns ,die Herde‘ genannt. Eigentlich hatten wir immer vor, gemeinsam ein Ladengeschäft zu eröffnen, welches ,Herdentier‘ heißen sollte. Allerdings hat es uns dann alle in unterschiedliche Städte und an verschiedene Theater verschlagen. Da ich mein Label ständig weiterentwickele, wird es in Zukunft noch ein paar spannende Änderungen für ,Herdentier‘ geben, auf die Ihr gespannt sein könnt!“

Deine Produkte sind vegan und nachhaltig. Lebst Du selbst vegan und wenn ja, was hat Dich dazu bewegt?

„Ich persönlich achte darauf, dass die Lebensmittel, die ich konsumiere von guter Qualität sind. Dem Veganismus folgt oft der fade Beigeschmack von Missionierung zum besseren Leben, doch ich denke, Kernfrage ist in erster Linie nicht, ob man vegan lebt, sondern wie nachhaltig man lebt. Inwieweit sind die Produkte, die ich konsumiere, regional und ökologisch vertretbar? In ihrem Anbau benötigen beispielsweise zweieinhalb Avocados rund 1.000 Liter Wasser und exotische Früchte müssen von Übersee nach Europa verschifft werden – wo kommen meine Sojaprodukte her und welche (chemischen) Inhaltsstoffe werden ihnen beigemischt? Muss die Melone wirklich geviertelt und in Plastik verpackt werden und brauchen wir Äpfel aus Ägypten? Das sind Fragen, die sich Konsumenten stellen sollten und mit denen ich mich auseinandersetze. Ich selbst verzichte zwar aus ethischen Gründen weitestgehend auf tierische Produkte, aber diese Lebensweise liegt im individuellen Ermessen eines jeden Menschen.“

Wo findet man Deine Produkte?

„Meine Produkte gibt es bei mir im Onlineshop auf www.herden-tier.com und bei ETSY. Doch auch bei Instagram kann man mich unter dem Namen @_herdentier_ finden und meine Produkte einsehen. Dort halte ich meine Follower*innen auch immer auf dem Laufenden und hin und wieder gibt es Rabattcodes und coole Gewinnspiele.
Nach Vereinbarung freue ich mich auch über Besuche in meinem Atelier.

Style Hannover Herdentier Collage - Miriam Zabek – eine Hannoveranerin wird zum Herdentier
In ihrem Atelier werden die neuen Kreationen von Miriam designt und hergestellt.

Wird alles von Dir selbst hergestellt?

„Ja, die Entwürfe, Zuschnitte und der gesamte Herstellungsprozess der Rucksäcke entstehen in meinem Hannoveraner Atelier im Stadtteil Hainholz. Der Kork kommt aus Portugal, wo ich in permanentem Kontakt mit den Produzenten stehe, mit denen ich auch die Farbpaletten für das Material ausarbeite.“

Ist jedes Produkt ein Unikat?

„Ich biete verschiedene Taschenmodelle an, wie die Rucksacktasche, die Moonbag oder Umhängetaschen. Dadurch, dass ich mit natürlichen Materialien arbeite, fällt die Maserung immer anders aus. Obwohl die Schnitte genormt sind, entsteht durch die individuelle Patina und Farbgebung des Materials und des Innenfutters bei allen meinen in Handarbeit gefertigten Produkten das Attribut eines Unikats.“

Style Hannover Herdentier 3 - Miriam Zabek – eine Hannoveranerin wird zum Herdentier
Die großen Bauchtaschen erfreuen sich großer Beliebtheit.

Was fasziniert Dich an Hannover?

„Hannover ist für mich die perfekte Kombination aus Stadtleben und Natur. Die Stadt ist zum Glück nicht so überfüllt und hektisch, sondern eher gemütlich. Zudem ist Hannover perfekt gelegen und man ist schnell in anderen Großstädten wie Berlin oder Hamburg. Insgesamt ist Hannover eine entspannte und nette Stadt und viel schöner als ihr Ruf.“

Was ist Dein STYLE für Hannover?

„Das ist eine sehr gute Frage. Für mein Empfinden herrscht hier sehr viel Individualität: Einerseits gibt es den Style der Studierenden, die bunte Welt junger Familien bis hin zum seriösen Dress der Geschäftsleute. Was das angeht, lässt Hannover sich also nicht auf etwas Bestimmtes herunter brechen, sondern besticht durch seinen pluralistischen Charme in der Modewelt. Das finde ich persönlich total schön und inspirierend. Ich selbst trage gerne alternative und funktionale Sachen und kaufe sehr viel Second-Hand-Mode.“

Hast Du Lieblingsorte in Hannover?

„Ich liebe verlassene Orte in der Natur und bin viel mit meinem Fahrrad unterwegs. Das geht in Hannover ja sehr gut. So stoße ich häufig auf ruhige Orte, an denen ich perfekt entspannen kann. Auch an der Ihme gibt es sehr schöne Flecken zum Verweilen.  Mein Atelier gehört ebenso zu meinen Lieblingsorten in Hannover.“

Was ist in Deinen Augen ein absolutes Muss, wenn man Hannover besucht?

„Definitiv mein Atelier! :)“

Vielen Dank für dieses spannendes Interview! 😀

Patricia Kuwaczka

Als gebürtige Hannoveranerin liebe ich es, meine Stadt immer wieder aufs Neue zu entdecken und aus verschiedenen Perspektiven kennen zu lernen. Ich studiere Marketing & Kommunikation – ein Blog wie „STYLE Hannover“ ist für mich die perfekte Plattform, um meine Erfahrungen mit anderen zu teilen, neue Leute zu treffen und täglich etwas Bemerkenswertes über Hannover zu erfahren.

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