Wenn Märchen wahr werden…

Es waren einmal zwei Cousinen. Die eine – Alex – kam aus Minden in Ost-Westfalen, die andere – Annie – aus Wernigerode am Harz. Um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, zog Alex eines Tages hinaus in die große weite Welt: nach Hannover. Dort ging sie als Unternehmensberaterin und Bankerin 2007 zur Nord LB und wickelte in ganz Europa insolvente Unternehmen ab! Die andere Cousine, Annie, zog aus, um als Marketing- und Projektmanagerin in der Kunst- und Kulturbranche selbstständig in Berlin und Hamburg zu arbeiten. 

Doch im Sommer 2015, bei 30 Grad Celsius am Maschsee, wo sich die beiden Cousinen auf ein Schwätzchen trafen, geschah etwas Seltsames: Beide hatten zur gleichen Zeit keine Lust mehr auf ihr altes Leben. Und so beschlossen sie einfach eine gemeinsame neue Zukunft: Wir backen Lebkuchen! Aber nicht irgendeinen Lebkuchen: Nein, es sollte genau der von Oma Lena sein. Aber wie an das Rezept gelangen? Annie: „Ich hatte wirklich ein Problem, meine Mutter zu fragen. Sie hatte das Rezept jahrelang verfeinert und die Lebkuchen in ganz Wernigerode bekannt gemacht. Und dann kommen wir und fragen einfach danach?“

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Foto oben: Annie (links) und Alex vor ihrer Lenchen-Wand im Pop-up-Store HANNOVER.made in der Galerie Luise. Foto unten links: Mit Oma Lena fing alles an. Jede Weihnachten gab es „Lenchen“.

Manchmal werden Wünsche ganz einfach wahr: Man muss sie nur aussprechen!

Aber der Zeitpunkt war gut gewählt und die Mutter, der das Ganze inzwischen wegen immer mehr Nachfrage und der Produktion mit 4.000 Lebkuchen über den Kopf gewachsen war, zeigte sich regelrecht erleichtert, dass sie alles an die Folgegeneration übergeben konnte. Annie: „Ich habe mich so darüber gefreut. Mein Wunsch wurde ganz einfach erfüllt!“ Und auch Alex, die genug hatte von ewigen Insolvenzen, freute sich: „Ich muss nicht mehr die ganze Woche lang im Ausland arbeiten, schlechte Nachrichten übermitteln und Montag bis Freitag im Ausland verbringen. Es war Zeit, etwas Neues zu machen.“

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Alex (Foto links) und Annie mit Lenchen-Lebkuchen.

Wer professionell Lebkuchen backen und verkaufen will, muss Bäckermeister sein

Die Idee – und das Rezept – waren da, aber wer sollte jetzt das Ganze backen? Annie: „Um die Erlaubnis der Innung für die professionelle Zubereitung von Lebkuchen zu erhalten, hätten wir eine richtige Bäckerausbildung bis zum Meister machen müssen. Das schien uns doch sehr aufwändig. Vor allem hätte uns das Jahre gekostet.“ Sie erkundigten sich in Wernigerode, wo eine Bäckerei zum Verkauf stand. Doch die Pläne zerschlugen sich letztendlich und so kam über diverse Netzwerke Marco Langrehr mit seiner gleichnamigen Garbsener Bäckerei ins Spiel. Annie: „Wir waren uns alle von Anfang an sympathisch. Und wir vertrautem ihm. Uns war wichtig, dass jemand für uns backt, der Qualität und Handwerk schätzt. In seinen Bäckereien wird alles noch per Hand gefertigt. Nur den Teig knetet eine Maschine. Und das Beste: Bei ihm arbeitet ein Konditormeister, der sich mit Pralinen auskennt! Denn wir wollten keine großen schweren Lebkuchen mehr haben, sondern leichtes Lenchen-Lebkuchen-Konfekt, das man das ganze Jahr über essen kann!“ Übrigens – sicher ist sicher – das Geheimnis ihrer Gewürzmischung für den Teig haben die beiden Cousinen nicht weitergegeben. Das bleibt in der Familie! Ehrensache.

Lenchen bald auch in Dänemark?

Fehlte nur noch die richtige Verpackung für das schicke Lenchen-Konfekt, die Annie durch ihre Connections zur Künstlerszene in Berlin organisierte. Heute haben die beiden Cousinen mehr als 7.000 Packungen Lenchen verkauft. Für das kommende Jahr ist eine noch größere Produktion geplant, die Fühler haben beide bereits ins Ausland ausgestreckt, wie beispielsweise Dänemark, um die Lenchen auch international zu vermarkten.

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Lecker Lenchen zum Tee und Kaffee. 25 Zutaten, eine geheime Gewürzmischung, ein Grundteig und Mandel-, Ingwer-, Kirsch oder Walnus-Belag – so geht Ganzjahres-Lebkuchen-Konfekt 2.0.

Hilfe aus Stadt und Region? Kontakte? Ja. Geld für Food? Nein!

Gab es seitens der Stadt oder Region Unterstützung? Annie: „Ja, man will uns diesbezüglich unterstützen. Zumindest, was Netzwerken und Kontakte in Dänemark betrifft. Finanziell ist es schwer, wenn man aus der Foodbranche kommt. Gefragt ist eher IT. Aber ich habe nur dagegen gesetzt: Was gibt es denn für bessere Produkte als innovative Lebensmittel, die man unterstützen könnte? 100 Prozent der Menschen müssen schließlich essen!“ Und sie ist sicher: Der Lebensmittelmarkt wird sich in den nächsten Jahren komplett verändern!

Für den kommenden Jahreswechsel sind jetzt schon mindestens 40.000 Lebkuchen in der Planung. Aber, das betonen die beiden Unternehmerinnen: „Wie bei den meisten jungen Start-ups steht bei uns als erstes die Qualität unseres Produkts im Fokus. Ständig überlegen wir, was wir besser machen oder noch dazu addieren können. Der Umsatz kommt dann – wenn man gesund und nicht zu schnell wächst – an zweiter Stelle.“

Hannover besitzt Start-up-Standortvorteil 

Und Hannover? Haben die beiden den Umzug in die Landeshauptstadt bereut? Alex: „Ich mag Hannover sehr gerne. Genau die richtige Größe! Andere größere Städte wären mir zu wuselig.“ Und Annie, die erst seit wenigen Monaten hier wohnt, ergänzt: „Hier geht das Netzwerken auch irgendwie viel besser als in Berlin. Auch als Start-up ist man dort nur eines von vielen. Da bietet Hannover einen deutlichen Standort-Vorteil! Und warum ich für zwei Jahre zunächst nach Hamburg gezogen bin, weiß ich auch nicht mehr so richtig. Eigentlich saß ich immer nur mit dem Laptop in der Wohnung, um Strategien auszuarbeiten oder ich fuhr im Zug nach Hannover zu Alex, um gemeinsam unsere Pläne umzusetzen. Jetzt freue ich mich, dass ich hier bin. Ich mag es städtisch, aber auch grün.“ (Anmerkung der Redaktion: Annie hat in Döhren ihr jetziges Zuhause gefunden.)

Mehr Infos zu Lenchen findet Ihr hier.

Katja Banik

Die Idee, Hannover künftig sichtbarer zu machen, kleine Läden und Kultur zu unterstützen sowie interessante Menschen vorzustellen, finde ich toll. Journalistisch arbeiten, Interviews mit Hannoveranern führen sowie in einem wirklich netten Team einen richtig schicken Blog machen – ideal.

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