Ausstellung „Kein Stillleben“ in der Kestnergesellschaft vom 26. Januar bis 8. April 2018
Plastikspielzeughaufen im Kinderzimmer, ein aufgeblasenes Schwimmtier, Batman, Papierflieger oder Wurstberge sind die Motive der Gemälde von Christa Dichgans (geb. 1940 in Berlin).
Stillleben mit Frosch von 1969
Die Künstlerin zählt zu den wichtigsten deutschen Protagonistinnen der Pop Art und ist insbesondere für ihr Frühwerk aus den 1960er Jahren bekannt. Gleichzeitig ist Dichgans’ Werk auch in der Geschichte der Malerei wie der Neuen Sachlichkeit und des Surrealismus verwurzelt. Mit der Ausstellung »Kein Stillleben« in der Kestner Gesellschaft erfährt ihr Werk nun erstmals eine tiefgreifende Auseinandersetzung und umfassende institutionelle Würdigung. Gezeigt werden rund 75 Gemälde, die zwischen 1963 bis 2013 entstanden sind.
Der Ausstellungstitel geht auf das bekannte Zitat »Das Leben ist kein Stillleben« des Expressionisten Oskar Kokoschka (1886–1980) zurück. Das Zitat beschreibt die komplexe Beziehung zwischen Mensch und Objektwelt, mit der sich auch Christa Dichgans seit über fünf Jahrzehnten auseinandersetzt, in der sich Objekte des Alltags oftmals zusammen drängen. Die Gegenstände werden aus ihrem alltäglichen Kontext isoliert und neu mit Bedeutung aufgeladen. Mit obsessiver, geradezu pedantischer Akribie malt sie das Strandgut unseres Lebens und verteilt diese apokalyptische Flut gleichmäßig über das Bild wie ein ornamentales Muster. Das Gemälde »New York« (1979–80) beispielsweise, eine Collage aus Tausenden von Einzelelementen, die vom Geldschein bis zur Freiheitsstatue, vom Wolkenkratzer bis zu Warhols Campbell´s-Suppendosen reichen, erscheint wie das Psychogramm einer übervollen Stadt und vielleicht auch einer Welt, die aus den Fugen gerät.

Dichgans’ Malerei durchzieht unter anderem eine stetige Befragung des Massenkonsums, der sich im Laufe der Zeit wandelt und von einer stark materiell orientierten Konsumhaltung der Nachkriegszeit in einen von Markenbewusstsein und deren Symbolgehalt geprägten Konsum der 1980er und 1990er Jahre mündet. Ihre Motive, die immer aus ihrer unmittelbaren Umgebung entstammen, erinnern an Vanitas-Stillleben und werden zu Symbolen für die Halbwertszeit einer beschleunigten Kultur. Dabei geht es in Dichgans’ Kompositionen weniger um den Überfluss als vielmehr um die surreale Verzerrung und überspitzte Sinnentleerung von Masse und Ansammlung.
Die Anhäufungen der Kinderspielsachen, die Dichgans insbesondere während ihres zweijährigen Stipendiums 1966 in New York gemalt hat, sind mit Emotionen und Erinnerungen besetzt und erlangen geradezu Fetischcharakter. In den folgenden Jahrzehnten experimentiert die Künstlerin mit verschiedenen Malereistilen und erkundet die Grenzen zwischen Stillleben-Malerei und Selbstporträt. Die Objekte ihrer Stillleben deuten auf mögliche Abgründe oder die Absenz von potentiellen Eigentümern hin. So können sie auch als Porträts betrachtet werden.
In der jüngeren Zeit erfuhr ihr vielfältiges Werk durch die Beteiligung an verschiedenen nationalen und internationalen Gruppenausstellungen eine neue Aufmerksamkeit. Dichgans’ Gemälde sind in zahlreichen Museen und Sammlungen vertreten, unter anderem in der Berlinischen Galerie, im Städel Museum, Frankfurt am Main und der Sammlung Goetz, München.

Christa Dichgans studierte von 1960 bis 1965 Malerei an der Hochschule der Künste in Berlin. Ein DAAD-Stipendium ermöglichte ihr einen Aufenthalt in New York in den Jahren 1966 und 1967. 1971 erhielt sie ein Stipendium in der Villa Romana in Florenz. Seit 1972 lebt Christa Dichgans in Berlin und Südfrankreich.
Die Ausstellung wird unterstützt von der NORD/LB Kulturstiftung und dem Förderkreis der Kestner Gesellschaft.
Kuratoren der Ausstellung: Christina Végh und Milan Ther
Kestnergesellschaft
Goseriede 11
30159 Hannover
Tel. 0511 – 7012010
kestner@kestnergesellschaft.de
www.kestnergesellschaft.de
ÖFFNUNGSZEITEN:
- Montag: geschlossen
- Täglich und an Feiertagen: 11 bis 18 Uhr
- Donnerstag: 11 bis 20 Uhr
- Freitags freier Eintritt